Droht in Deutschland ein Ärztemangel?
Häufig wird von interessierter Seite und in den Medien behauptet, aber nun von IW-Forschern bestritten: der flächendeckende Ärztemangel.
Forscher des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) in Köln meinen, jedenfalls bis zum Jahr 2025 werde Deutschland nicht an akutem Ärztemangel leiden (siehe „FAZ“ vom 01.10.2013). Der Arbeitsmarkt werde nicht nur durch die jährlich 10.000 neuen Absolventen des Medizinstudiums bereichert, sondern auch vermehrt von Ärzten, die ihren Abschluss im Ausland erworben haben. Momentan arbeiteten hierzulande 31.000 Ärzte, die ihren Abschluss außerhalb von Deutschland erlangt haben (darunter auch einige deutsche „Numerus-Clausus-Flüchtlinge“), die etwa in Ungarn oder Tschechien studiert haben.
Hingegen liege die Anzahl derer, die ihren Abschluss zwar hier absolvierten, sich dann aber zur Ausübung der Tätigkeit im Ausland entschlossen haben, mit 24.000 darunter. Insgesamt also sei die Anzahl der Ärzte vollkommen ausreichend, um die jährlich etwa 6.600 aus dem Beruf ausscheidenden Ärzte zu ersetzen.
Zwar werde der Ersatzbedarf in den kommenden Jahren um 40% ansteigen, doch selbst dieser kontinuierlich zunehmende Ersatzbedarf lasse sich noch mit der hiesigen Absolventenzahl und den aus dem Ausland zuwandernden Ärzten ausgleichen. Um dennoch einem möglicherweise ab dem Jahr 2025 eintretenden Ärztemangel vorzubeugen, schlagen die IW-Forscher vor, die hiesigen Ausbildungskapazitäten auszubauen und zugleich die hohen Zulassungsschranken abzubauen.
Im Übrigen gehöre Deutschland in Bezug auf die Ärztedichte im internationalen Vergleich mit 3,84 Ärzten je 1.000 Einwohner zur Spitzengruppe (zum Vergleich: die USA lägen bei 2,46, Japan komme auf 2,21 und Frankreich auf 3,07 pro 1.000 Einwohner).
Als problematisch sei allenfalls die regionale Verteilung der Ärztedichte anzusehen: während es in Berlin pro 1.000 Einwohner 4,8 und in Bremen sogar 6,3 Ärzte gebe, seien es in Sachsen-Anhalt nur 2,8. Außerdem könne es insbesondere in ländlichen Regionen zu Engpässen kommen und auch Tendenzen eines Engpasses in bestimmten Fachrichtungen seien nicht ausgeschlossen. Die IW-Forscher kommen jedoch zu dem Schluss: „Für flächendeckende, den gesamten Berufsstand umfassende Fachkräfteengpässe findet sich derzeit keine empirische Evidenz.“ Letztlich soll es sich bei dem häufig beklagten Ärztemangel also um einen hartnäckigen Mythos handeln (IW-Gutachten, Trends 3/2013).
Die Bundesärztekammer ist da ganz anderer Meinung: Zwar sei die Anzahl der berufstätigen Ärzte noch nie so hoch gewesen wie heute, allerdings sei heute auch ein deutlich erhöhter Bedarf an Ärzten festzustellen. Den steigenden Bedarf begründet die Bundesärztekammer unter anderem mit der Entwicklung des medizinischen Fortschritts und dem demographischen Wandel sowie einer Tendenz zur Arbeitszeitverkürzung (www.bundesaerztekammer.de/downloads/analyse-kopetsch.pdf). Möglicherweise täuschen die oben genannten Zahlen daher über einen Missstand hinweg.
Wie dramatisch die Lage tatsächlich ist, darüber scheinen sich die Experten also nicht einig zu sein.
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