Todesursache: Krankenhausaufenthalt
Sie sind mit dem bloßen Auge zwar nicht sichtbar, aber trotzdem sind sie zahlreich vorhanden. Sie sind der Grund dafür, weshalb in deutschen Kliniken schätzungsweise jährlich 400.000 bis 600.000 Patienten erkranken und sogar etwa 10.000 bis 30.000 Menschen daran versterben sollen. Die Rede ist von Killerkeimen!
Ein Krankenhausaufenthalt dient dazu, eine Krankheit zu heilen und wieder gesund zu werden – sollte man meinen. Doch viel zu häufig ist leider das Gegenteil der Fall: denn erst im Krankenhaus werden viele erst so richtig krank.
Ein Fall, der in ganz Deutschland für viel Wirbel gesorgt hat, ist der Hygiene-Skandal auf der Frühgeborenenstation im Bremer Klinikum. Hier waren im Jahr 2011 drei Frühgeborene wegen mangelnder Hygiene gestorben und zahlreiche weitere Säuglinge erkrankten an Infektionen. Zwar wurde die Station umgebaut und umfangreich desinfiziert, aber der gefährliche Keim tauchte kurz darauf erneut auf und forderte weitere Todesopfer! Seither ist die Abteilung geschlossen und die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Bedauerlicherweise ist dieses Beispiel kein Einzelfall. Besonders anfällig für Infektionen sind nicht nur immungeschwächte Frühchen, sondern auch ältere Patienten, chronisch Erkrankte und Patienten auf Intensivstationen. Aber letztlich kann es jeden treffen: jeder, der sich in einem deutschen Krankenhaus behandeln lässt, muss mit einer Infektion rechnen, weil, anders als etwa im benachbarten Holland, das Hygienemanagement häufig noch unzureichend ist.
Der eigentliche Skandal an der ganzen Sache ist, dass eine Vielzahl – Experten zufolge schätzungsweise ein Drittel aller Krankenhausinfektionen – vermeidbar wäre! Schuld an den Krankenhausinfektionen ist nämlich mangelnde Hygiene. Der Mangel dabei liegt jedoch nicht in der Existenz von Hygienevorschriften – denn diese gibt es zu Hauf-, sondern in deren Umsetzung in der Praxis. Zu kurz greifen würde in dem Zusammenhang allerdings eine Argumentation, die lediglich dem Klinikpersonal, das sich erwiesenermaßen viel zu selten die Hände desinfiziert und so Keime von einem Patienten auf den nächsten überträgt, die Schuld zuweist, denn das Problem ist letztlich viel komplexer. Auf den Punkt gebracht lauten die Probleme: Zeit, Personalmangel, Aufklärung.
Über diese Probleme berichtete auch die Süddeutsche Zeitung am 12.09.2012: „Untersuchungen mit Intensivstationen ergaben, dass es für das Personal bei manchen Patienten während 24 Stunden etwa 120 bis 350 Indikationen zur Handdesinfektion gibt. Bei 30 Sekunden pro Desinfektion sind das im Extremfall drei Stunden Handdesinfektion – Zeit, die kaum zu erübrigen ist.“
Inzwischen wird jedoch wenigstens in der Ausbildung von Klinikpersonal ein etwas größeres (wenn auch nachwievor nicht ausreichendes) Augenmerk auf die Problematik gesetzt um für ein entsprechendes Bewusstsein für die Gefährlichkeit mangelnder Hygiene zu sorgen. Demzufolge kann man nur hoffen, dass sich die hygienischen Zustände in deutschen Kliniken in Zukunft nachhaltig verbessern und Deutschland sich nicht als „Hygiene-Entwicklungsland“ bezeichnen lassen muss.